Von EU-Taxonomie bis Offenlegungsverordnung

Ein kleiner Wegweiser durch den Regulatorik-Dschungel

Behalten Sie im Dschungel der neuen Gesetze und Richtlinien angesichts der zahlreichen Abkürzungen den Überblick.

Wegkommen von fossilen Energieträgern und bis zum Jahr 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden – das sind die ambitionierten Ziele des EU Green Deals. Um sie zu erreichen ist jede Menge Disziplin gefragt: Real- wie Finanzwirtschaft müssen nachhaltiger werden und das auch belegen. Verschiedene neue Richtlinien sollen helfen, die Fortschritte transparent und messbar zu machen. Ein Überblick.

Die Finanzbranche steht bei der nachhaltigen Transformation besonders im Fokus, denn Geld ist ein entscheidender Hebel auf dem Weg in eine enkeltaugliche Zukunft. Ziel der sogenannten Sustainable Finance ist es, Finanzströme so umzulenken, dass sie den Wandel zu einer CO2-ärmeren, ressourceneffizienteren und widerstandfähigeren Wirtschaft vorantreiben. Damit dies gelingt, sind klare Kriterien notwendig, die nun in Form einer verschärften Regulatorik auf Unternehmen und Banken zukommen.

Damit Sie im Dschungel der neuen Gesetze und Richtlinien und angesichts der zahlreichen Abkürzungen den Überblick behalten, haben wir einige der wichtigsten Begriffe zusammengestellt und erklären, was sich dahinter verbirgt:

NFRD un SCR-RUG

Was ist das?

NFRD steht für Non-Financial Reporting Directive. Die Richtlinie regelt die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen in der EU.
 

Wen betrifft das?

Kapitalmarktorientierte Unternehmen, Finanzinstitute und Versicherungen mit mehr als 500 Beschäftigten – das sind rund 550 Unternehmen in Deutschland.
 

Was ist die Idee dahinter?

Seit Inkrafttreten der NFRD 2014 ist Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht mehr optional: Unternehmen sind verpflichtet, zu Umwelt- und Sozialbelangen, zu Korruptionsbekämpfung sowie zur Achtung der Menschenrechte zu berichten.

Mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) hat Deutschland die EU-Richtlinie seit 2017 in nationales Recht überführt.


CSRD

Was ist das?

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist die neue, weiterentwickelte EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen – sie löst die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ab.
 

Wen betrifft das?

Unternehmen, die bereits unter das CSR-RUG fallen, müssen über Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen, CSRD-konform berichten.

Ein Jahr später müssen auch große haftungsbeschränkte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gemäß CSRD berichten, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei Merkmale erfüllen:

  • Bilanzsumme: mind. 20 Mio. Euro
  • Nettoumsatzerlöse: mind. 40 Mio. Euro
  • Durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: mind. 250

Börsennotierte KMU, kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen sind unter bestimmten Voraussetzungen betroffen ab Geschäftsjahren, die am oder nach dem 1. Januar 2026 beginnen.

Über Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2028 beginnen, müssen auch bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten mit Zweigniederlassungen in der EU gemäß CSRD berichten.
 

Was ist die Idee dahinter?

Mit der CSRD wird die Berichtspflicht deutlich ausgedehnt: Betroffen sind künftig rund 15.000 Unternehmen in Deutschland, die zu berichtenden Inhalte wurden ausgeweitet und präzisiert. Mit der CSRD wird die Nachhaltigkeits- der Finanzberichterstattung gleichgestellt. Nachhaltigkeitsinformationen werden verpflichtender Teil des Lageberichts und fallen unter den Bilanzeid – die Geschäftsführung haftet für die korrekte Darstellung. Als Teil der Geschäftsberichterstattung wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung außerdem prüfpflichtig. Prüfstandard ist die bis auf Weiteres begrenzte Sicherheit (limited assurance). Geplant ist auch, ein einheitliches elektronisches Berichtsformat einzuführen. Die CSRD ist seit Januar 2023 in Kraft und muss in allen EU-Staaten binnen 18 Monaten in nationales Recht überführt werden.

 


ESRS und EFRAG

Was ist das?

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind verbindliche Standards, die künftig Inhalte und Struktur der Nachhaltigkeitsberichterstattung festlegen. Erarbeitet werden diese Standards von der EFRAG, der European Financial Reporting Advisory Group.
 

Wen betrifft das?

Unternehmen, die gemäß CSRD zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind.
 

Was ist die Idee dahinter?

Mit den ESRS sollen die Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen künftig besser vergleichbar sein. Speziell für Akteure am Kapitalmarkt soll es dadurch leichter werden, nachhaltig im Sinne von Sustainable Finance zu agieren. Dahinter steht das Ziel des EU Green Deal, wonach die Geldströme in die Finanzierung der nachhaltigen Transformation gelenkt werden sollen.   

Die neuen ESR-Standards bauen auf bisherigen Rahmenwerken wie GRI oder SASB auf.


EU-Taxonomie

Was ist das?

Die Taxonomie ist ein Bewertungssystem für Investitionen. Sie definiert, welche Aktivitäten am Kapitalmarkt als ökologisch nachhaltig gelten.
 

Wen betrifft das?

Betroffen sind ab 1. Januar 2022 alle Nicht-Finanz- und Finanzunternehmen, die unter die Berichtspflicht nach CSR-RUG fallen. Und ab 1. Januar 2026 alle Nicht-Finanz- und Finanzunternehmen, die unter die erweiterte Berichtspflicht nach CSRD fallen.
 

Was ist die Idee dahinter?

Mit Hilfe des Bewertungssystems will die EU ein einheitliches Verständnis dafür schaffen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten auch nachhaltig sind und nachhaltige Finanzprodukte und Unternehmen stärker in den Fokus rücken. Die Taxonomie umfasst sechs Umweltziele:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen
  • Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung von Verschmutzung
  • Schutz von Ökosystemen und Biodiversität

Taxonomiekonform ist eine Wirtschaftsaktivität, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu einem der Umweltziele leistet, keine anderen Umweltziele beeinträchtigt und Mindeststandards für Arbeits- und Menschenrechte eingehalten werden. Alle erstmals mit CSRD berichtspflichtigen Unternehmen werden mit ihren Taxonomie-Quoten alle sechs Ziele abdecken müssen.


Green Asset Ratio (GAR)

Was ist das?

Die Green Asset Ratio (GAR) ist eine aus der EU-Taxonomie abgeleitete Nachhaltigkeitskennzahl. Vereinfacht gesagt beschreibt sie den Anteil des nachhaltigen Geschäfts an der Bilanzsumme.
 

Wen betrifft das?

Die GAR muss ab Anfang 2024 von NFRD-pflichtigen Finanzinstituten im Rahmen der EU-Taxonomie erstmals berichtet werden.
 

Was ist die Idee dahinter?

Gemäß der EU-Taxonomie müssen Finanzinstitute über die Nachhaltigkeit ihrer Vermögenswerte und bestimmter Ergebnisbestandteile berichten, indem sie diese aufteilen in „ökologisch nachhaltig“ und „nicht ökologisch nachhaltig“. Für die Berechnung der Green Asset Ratio werden das nachhaltig finanzierte Geschäftsvolumen und die nachhaltigen Investitionen addiert und durch das gesamte Geschäftsvolumen der Bank geteilt. Bisher gibt es keine Vorgaben, welche Quote eine Bank erreichen muss.


EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR))

Was ist das?

Die SFDR ist eine Verordnung, die Transparenz herstellen soll über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten.
 

Wen betrifft das?

Anbieter von Finanzprodukten
 

Was ist die Idee dahinter?

Private und institutionelle Investor*innen sollen durch die SFDR erkennen können, wie nachhaltig ein Angebot ist, und davon ausgehend entscheiden, ob die Investition dem eigenen Anspruch an Nachhaltigkeit entspricht. Die Verordnung verpflichtet Banken nicht, nachhaltige Produkte aufzulegen. Ziel ist nur, Produkte besser vergleichbar zu machen.


Präferenzabfrage

Was ist das?

Seit August 2022 sind Anbieter von Anlageprodukten verpflichtet, neben der Bedarfs- und Risikoanalyse auch die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kund*innen zu erfragen und festhalten. Grundlage für diese Regelung ist die zweite Finanzmarktrichtlinie (MiFiD II).
 

Wen betrifft das?

Anbieter von Anlageprodukten
 

Was ist die Idee dahinter?

Anleger*innen sollen durch die Abfrage stärker auf nachhaltige Finanzprodukte aufmerksam gemacht werden.

Der kurze Überblick zeigt: Es kommt einiges auf die Banken zu an zusätzlichen Pflichten. Verständlich, dass angesichts der Mehrarbeit so manche*r erst einmal aufstöhnt. Auch Kritik oder Zweifel an der einen oder anderen Regelung sind legitim.  Klar ist aber auch: Nichtstun ist keine Alternative. Für eine gute Zukunft auf einem gesunden Planeten mit einer funktionierenden Wirtschaft müssen wir jetzt handeln – entschlossen und gemeinsam.
 

Sie wollen noch mehr zum Thema Regulatorik erfahren?
Eine ausführliche Übersicht mit sämtlichen Gesetzesvorhaben im Themenfeld Sustainable Finance und deren Status hat der Bankenverband in Form einer Heat Map erstellt.